Wie umgehen mit psychischen Einschränkungen im Alter

 

Interessante Vortragsveranstaltung im Fleiner Bürgertreff

12.5.2022

 

 In der auf Initiative des Arbeitskreises „Ehrenamtliche Seniorenbetreuung in Flein“ innerhalb der Bürgerstiftung Flein organisierten Vortragsveranstaltung erhielten die zahlreichen Besucherinnen und Besucher fundierte Informationen über Einschränkungen, die auf viele Menschen im zunehmenden Alter zukommen.  

Dr. med. Dip.-Psychologe Rainer Schaub ist Chefarzt der Klinik für Gerontopsychiatrie und Psychotherapie im Klinikum am Weissenhof. Er stellte zahlreiche Studien vor, in denen Gründe und Symptome für altersbedingte Einschränkungen beschrieben werden. Es ist eine Tatsache, dass durch die steigende Lebenserwartung auch die Zahl der pflegebedürftigen Menschen immer mehr wachsen wird. Die Wahrscheinlichkeit für Pflegebedarf steigt erst ab einem recht hohen Alter an, zwischen 80 und 85 Jahren ist in etwa jeder Fünfte von ambulanter oder stationärer Altenpflege abhängig. Ältere Menschen leiden häufig unter mehreren Erkrankungen gleichzeitig. Oft gehen diese mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen einher. Die Kombination aus beidem kann wiederum Gebrechlichkeit zur Folge haben und somit eine geringere Belastbarkeit und ein erhöhtes Krankheitsrisiko verursachen.

 

Dr. Rainer Schaub informiert über Gründe und Symptome altersgemäßer Einschränkungen

 

 

Einige neurologische und psychiatrische Erkrankungen treten im Alter häufiger auf. So wird geschätzt, dass in Deutschland allein eine Million ältere Menschen mit einer Demenzerkrankung leben. Etwa 150.000 Menschen leiden an einer Parkinson-Erkrankung. Auch die Depression kommt bei älteren Menschen weit häufiger vor als bei jungen. In Deutschland ist bei enger Definition schätzungsweise jeder Zehnte, bei weiter gefasster Definition, jeder Vierte ab 70 Jahren depressiv. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Eine Depression im Alter kann biologische Wurzeln haben. Aber sie ist auch im Kontext der sozialen Vereinsamung zu sehen, unter der viele Menschen im Alter leiden. All das ist nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für die nahen Angehörigen häufig mit großen Belastungen verbunden. Merkmale einer Demenz können die Minderung kognitiver Fähigkeiten sein, aber auch Veränderungen im Sozialverhalten, der Persönlichkeit, dem Antrieb und der Stimmung. All das führt oft zu einer erheblichen Einschränkung bei Alltagstätigkeiten.

In der Klinik in Weinsberg wird danach gestrebt, das seelische Leid der Menschen zu lindern und sie zu befähigen, mit schwierigen Situationen umzugehen. Dafür steht ein vielseitiges Therapieangebot bereit, das die Patienten, passend zu ihren persönlichen Voraussetzungen, in Anspruch nehmen können. Die Selbständigkeit alt gewordener Menschen zu erhalten und zu fördern, ist dabei ein wichtiges Anliegen. Bei allen diagnostischen und therapeutischen Aktivitäten wird größten Wert auf die Wahrung der Würde, des Willens, der Rechte und Eigenverantwortlichkeit der Patientinnen und Patienten gelegt.

Um Demenz, Parkinson, Alzheimer oder ähnliche altersbedingte Einschränkungen zu vermeiden oder zumindest hinauszuschieben, dafür gab Dr. Schaub praktische Ratschläge: Bewegung fördern, geistige Beschäftigung anbieten, soziale Kontakte fördern, auf die Ernährung achten und sich nicht scheuen, fachlichen Rat einzuholen. Das alles kann dazu beitragen, der Demenz vorzubeugen oder zumindest deren Beginn hinauszuzögern.

Ursula Häussermann ist Pflegedienstleiterin der Diakoniestation Flein-Talheim. Sie berichtete von ihrer von langjähriger Erfahrung geprägten Arbeit hier vor Ort in Flein. Die Pflegekräfte der Diakoniestation beraten, pflegen und unterstützen neben den von Einschränkung Betroffenen auch die nahen Angehörigen. Der Druck, der auf den Schultern von Familienmitgliedern lastet, die für jemanden die Pflege organisieren, ist nicht zu unterschätzen. Es ist auch ein Ziel der Diakoniestation, durch ihre Fürsorge nicht nur die zu pflegende Person bestens zu versorgen, sondern auch den Angehörigen zu zeigen, dass es ein gute Lösungen für ihre Anliegen gibt.

Ursula Häussermann berichtet von ihren Erfahrung bei der Betreuung von Pflegebedürftigen

 

Sie rät dazu, sich rechtzeitig Hilfe und Beratung zu suchen. Ihr großer Wunsch ist es, vielleicht zukünftig auch vor Ort hier in Flein Plätze für Tagespflege anbieten zu können. Diese könnten sowohl für die Betroffenen als auch die betreuenden Angehörigen eine große Entlastung darstellen.

 

Dr. med. Dipl.-Psychologe Joachim Jungmann, der den Abend vorbereitet hatte und moderierte, wies darauf hin, wie wichtig beim selbstbestimmten Älterwerden die Erhaltung und die Erlangung der Gesundheit, insbesondere der seelischen Gesundheit ist. Er hat die „ehrenamtliche Seniorenbetreuung“ in Flein mitbegründet. Diese ist für ein würdevolles Altern in gewohnter Umgebung enorm wichtig. Gerade für alte Menschen ist es wichtig, so lange als möglich aktiv zu bleiben und durch Wertschätzung und positive gemeinsame Erfahrungen das Leben auch im gehobenen Alter im gewohnten Umfeld genießen zu können. Die Basis dafür bilden Wertschätzung und gemeinsam mit anderen verbrachte Zeit.

 

 

Dr. med. Joachim Jungmann organisiert die ehrenamtliche Seniorenbetreuung in Flein

 

 

Die ehrenamtlich tätigen Seniorenbegleiter versuchen das, indem sie z.B. Betroffene bis zu 4 Stunden wöchentlich besuchen. Sie führen Gespräche, begleiten auf Spaziergängen, beim Einkaufen oder auch bei Besuchen von kulturellen Veranstaltungen. Da es in Flein weiterhin eine große Nachfrage nach den Begleitungsangeboten gibt, werden weitere Personen als Seniorenbegleiter gesucht. Bei Interesse melden Sie sich einfach bei der Bürgerstiftung:

Am Ende des informativen Abends bedankte sich der Vorsitzende der Bürgerstiftung Wolfgang Wörner bei den Referenten mit einem kleinen Weinpräsent.

„Wie umgehen mit psychischen Einschränkungen im Alter“

 

Eine Initiative des Arbeitskreises „Ehrenamtliche Seniorenbegleitung in Flein“ in der BürgerStiftung Flein

 

 

Vortrag

Donnerstag, den 12.05.2022,

19:00 Uhr,

im Bürgertreff, Ilsfelder Str.18

Ankündigung der Vortragsveranstaltung:

                                                   

„Wie umgehen mit psychischen Einschränkungen im Alter“

 

Eine Initiative des Arbeitskreises „Ehrenamtliche Seniorenbegleitung in Flein“ in der

BürgerStiftung Flein

am Donnerstag, den 12.05.2022, 19:00 Uhr, im Bürgertreff, Ilsfelder Str.18

 

Der Arbeitskreis der BürgerStiftung „Älter werden zu Hause in Flein“ konnte Herrn Dr. med. Dipl.-Psych R. Schaub und Frau U. Häußermann erneut für eine Informations- und Beratungsveranstaltung zum Thema psychischer Einschränkungen und Erkrankungen älter werdender Menschen gewinnen, die nicht nur die Betroffenen selbst sondern auch die sie betreuenden Angehörigen oft vor große Herausforderungen stellen.

 

Viele ältere Menschen leiden ebenso wie jüngere an psychischen Problemen. Bei den über 65-Jährigen sind etwa 25 Prozent von krankheitswertigen psychischen Einschränkungen betroffen. Dabei ist etwa die Hälfte der Erkrankungen leicht ausgeprägt, die andere Hälfte so schwer, dass eine Behandlung dringend angezeigt ist.

 

Die Demenz und die Depression sind die häufigsten psychischen Erkrankungen des höheren Lebensalters. Die Fakten:

•             1,6 Mio Menschen in Deutschland sind an einer Demenz erkrankt.

•             Rund 200.000 Menschen mit Demenz leben in Baden-Württemberg.

•             8,6 % aller Menschen über 65 leben mit einer Demenz.

•             65 % aller Menschen mit Demenz werden zu Hause betreut und gepflegt.

 

Laut einer Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland des Robert-Koch-Instituts erkranken:

•             8,1 % aller Personen in ihrer Lebensspanne zwischen 18 – 79 Jahren im Laufe eines Jahres an einer Depression.

•             Allein in der Altersgruppe der 70- bis 79-Jährigen sind es 6,1 %.

•             Besonders hoch ist im Alter das gleichzeitige Auftreten von Depression und Angst.

 

Psychische Störungen bei Menschen im höheren Lebensalter werden oft nicht als solche erkannt. Es kann schwierig sein, zwischen natürlichen Alterserscheinungen, körperlichen Erkrankungen und behandlungsbedürftigen psychischen Einschränkungen zu unterscheiden - zumal körperliche Symptome oft im Vordergrund stehen. Erschwerend kommt hinzu, dass es insbesondere Menschen der älteren Generation schwerfällt, seelische Schwierigkeiten anzusprechen, sie zu beschreiben und sie als krankheitsbedingt zu bewerten. Weil körperliche Krankheiten, wie z.B. Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen oder chronische Schmerzen im Vordergrund ihrer Hilfesuche stehen, besteht die Gefahr, dass die Betroffenen erst spät in qualifizierte psychosomatische, psychotherapeutische bzw. psychiatrische Behandlung gelangen.

 

Die Behandlung einer psychischen Erkrankung ist bei älteren Patienten genauso wichtig und möglich wie bei jüngeren Menschen. Sowohl Psychotherapie als auch medikamentöse Therapie haben sich dabei als wirksam erwiesen. Grundlage des „selbstbestimmten“ Älterwerdens ist die Erhaltung bzw. das Wiedererlangen der Gesundheit, insbesondere der seelischen. Auch für psychische Erkrankungen im Alter gilt: Je früher sich ein Patient in fachliche Behandlung begibt, desto größer sind seine Behandlungschancen. Es ist dringend dafür Sorge zu tragen, dass eine psychische Erkrankung bei Älteren nicht mit dem natürlichen Alterungsprozess verwechselt und deshalb übersehen wird. Zu diesem Vortragsabend sind nicht nur die in unserem Arbeitskreis bereits engagierten Seniorenbegleiterinnen und Seniorenbegleiter, sondern auch alle Mitbürgerinnen und Mitbürger der Gemeinde herzlich eingeladen.

 

Der Arbeitskreis „Ehrenamtliche Seniorenbegleitung in Flein“ der BürgerStiftung Flein hat im August 2017 mit der ehrenamtlich erbrachten Seniorenbegleitung begonnen. In wöchentlichen Abständen besuchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Betroffenen bis zu 4 Stunden pro Woche zu Hause. Sie führen Gespräche, auch am Bett, begleiten die Damen und Herren auf Spaziergängen, beim Einkaufen, bei der Teilnahme an kulturellen Aktivitäten oder auch bei Friedhofsbesuchen. Die ehrenamtlichen Begleiterinnen und Begleiter betonen im gemeinsamen Erfahrungsaustausch immer wieder, dass sie eine hohe wechselseitige Wertschätzung und Anerkennung ihres Einsatzes erleben. Sie berichten davon, dass die Betroffenen nachdrücklich ihre Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, insbesondere für die erlebte nachbarschaftliche Anteilnahme an ihrem oft erheblichen Leidenszustand.

 

Angesichts der konstanten Nachfrage nach unseren Begleitungsangeboten möchten wir den Arbeitskreis gerne um weitere engagierte Bürgerinnen und Bürger erweitern. Wir würden uns sehr freuen, Sie für eine Mitarbeit in unserem Projekt gewinnen zu können.

 

 

Dr. J. Jungmann

für den Arbeitskreis „Älter werden zu Hause in Flein“

Joachim.jungmann@live.de

mobil: 01713414410